ÖPNV-Ticket oder lieber doch ein Auto? Gerade in ländlichen Regionen entscheiden sich Berufspendler*innen häufig für den eigenen Pkw und Familien für einen Zweitwagen, obwohl sie lieber mit Bus und Bahn fahren würden. Grund dafür ist zumeist eine unzureichende Anbindung vom Bahnhof bis zum Ziel. Für die erste bzw. letzte Meile sind flexible Angebote gefragt, so auch in Borgholzhausen. Die Stadt im Kreis Gütersloh ist eine klassische Flächengemeinde; 9.000 Bürger*innen wohnen in zwölf verschiedenen Ortsteilen. Das moderne Mobilitätskonzept Linien-E-Carsharing macht sie nun ein Stück weit unabhängiger vom eigenen Wagen.
Borgholzhausen im Teutoburger Wald ist bekannt für ihr Engagement in Sachen Klimaschutz und Mobilität. Schon zweimal wurde die Stadt, die von ihren Einwohner*innen liebevoll „Pium“ genannt wird, mit dem „European Energy Award“ ausgezeichnet. Ob PV-Anlagen auf allen städtischen Gebäuden oder regenerative Wärme u. a. in Freibädern – die 56 Quadratkilometer große Stadt denkt an die Zukunft. Die neueste Entwicklung: klimafreundliche Mobilität durch ein bisher einzigartiges Linien-E-Carsharing.
Carsharing als Linienverkehr
Von der Mobilstation am Bahnhof Borgholzhausen ausgehend, gibt es seit Anfang April mittlerweile vier Linien, die durch das Linien-E-Carsharing bedient werden und Lücken im ÖPNV-Netz schließen. Für die Linienwege hatte die Stadt wichtige Ziele in Wohn- und Gewerbegebieten definiert, die bislang nicht direkt an den ÖPNV angebunden waren. Mit ihren Haltestellen sind die vier Linien auch in die Fahrplanauskunftssysteme des WestfalenTarifs integriert.
Neben kompakten Fünfsitzern kommen auch größere Fahrzeuge zum Einsatz, in denen z. B. Rollstühle mitgenommen werden können. © Foto: Karin Warias
Raus aus Bus und Bahn, rein in ein E-Auto: An der Mobilstation am Bahnhof Borgholzhausen ist der Umstieg ganz bequem. © Foto: Ulrich Fälker
Carsharing mit ÖPNV-Ticket
Für das Linien-E-Carsharing in Borgholzhausen stehen aktuell sieben und im Laufe der nächsten Monate noch sieben weitere Elektroautos bereit, die Nahverkehrskund*innen mit ihren Tickets ohne zusätzliche Kosten nutzen können. Anerkannt werden Abonnements und Einzelfahrscheine aus dem WestfalenTarif, aus dem NRW-Tarif und innerörtlich auch aus dem Niedersachsen-Tarif. Die Buchung der Fahrzeuge erfolgt über die OWLmobil App bzw. die dort angeschlossene Buchungsplattform. Neben einem gültigen Ticket brauchen die Fahrer*innen beim Linien-E-Carsharing selbstverständlich einen gültigen Führerschein. Wer keinen hat, kann sich einen Platz als Mitfahrer*in buchen.
Diese Vorteile bietet das Linien-E-Carsharing
Als flexible Ergänzung zum ÖPNV bietet das Linien-E-Carsharing zahlreiche Vorteile – für Nahverkehrskund*innen ebenso wie für Kommunen und Verkehrsunternehmen.
Günstig auch außerhalb des ÖPNV
Nahverkehrskund*innen können das E-Carsharing zum ÖPNV-Tarif nur auf den definierten Linienwegen nutzen. Der Start – in Borgholzhausen aktuell immer die Mobilstation am Bahnhof – und das festgelegte Ziel müssen eingehalten werden. Wer außerhalb der vorgegebenen Linien fährt, zahlt dafür die üblichen Carsharing-Gebühren.
Das Linien-E-Carsharing in Borgholzhausen wurde im Landeswettbewerb „Mobil.NRW – Modellvorhaben innovativer ÖPNV im ländlichen Raum“ zur Förderung durch das Landesverkehrsministerium ausgewählt und überzeugte zudem das Auswahlgremium der REGIONALE 2022. Weiterer Partner und Unterstützer ist der Verkehrsverbund Ostwestfalen-Lippe (VVOWL). Das Konzept wurde zusammen mit der Westenergie AG entwickelt, die technische Abwicklung erfolgt durch den Mobilitätsanbieter Mer Germany GmbH. Nach einer dreijährigen Projektphase wird geprüft, inwieweit sich das Projekt durch die drei Säulen Linienbetrieb, Ankerkunden und klassisches Carsharing tragen kann.