Bei den Fahrten mit Bus und Bahn planen wir in NRW für gewöhnlich mit Abfahrts- und Umsteigezeiten – ob bei (halb)stündlichen Verbindungen in Regionen außerhalb oder bei engerer Taktung in den Städten. Was wäre jedoch, wenn es keine Fahrpläne mehr gäbe? Die U-Bahnen und Busse hätten eine so engmaschige und verlässliche Taktung, dass man sich auf den Transport blind verlassen könnte. In NRW wird die einfache und unkomplizierte Mobilität in großen Schritten vorangetrieben –im fernen Singapur ist sie bereits Realität.
Mit fünfeinhalb Millionen Einwohner*innen auf ca. 700 Quadratkilometern Fläche hat Singapur eine Bevölkerungsdichte zu verzeichnen, bei der sogar das Ruhrgebiet nicht mithalten kann. Kein Wunder also, dass Mobilität und Fortbewegung im asiatischen Stadtstaat eine wichtige Rolle spielen. Der Ausbau des ÖPNV wurde daher mit einem Milliardenbetrag von Regierungsseite gefördert – und das hat sich gelohnt.
MRT, Bus und On-Demand-Services
Das Highlight der singapurischen Mobilitätsszene ist der „Mass Rapid Transit“ (kurz: MRT), der sich über eigene Schienenbrücken quer durch das Land bewegt. Der große Vorteil: Der MRT hat keine Überschneidungen mit weiteren Verkehrsmitteln wie Autos, Bussen oder Fahrrädern. Das macht Verspätungen, Ausfälle oder Unfälle zu absoluten Raritäten. „Derzeit sind zwei neue MRT-Linien im Bau, das System wird also immer weiterentwickelt und es funktioniert wirklich super. Man muss selten länger als 3 bis 5 Minuten auf eine Bahn warten. Zur Rush Hour werden zusätzliche Fahrzeuge eingesetzt und sogar extra Gleise freigegeben, um den Verkehr zu entlasten“, sagt Julia. „Außerdem gibt es weder bei den Bahnen noch bei Bussen Fahrpläne. Es hängen lediglich Streckenpläne aus. Die Taktung ist bei allen Verkehrsmitteln hoch, auch die Busse kommen alle 5 bis 10 Minuten – und es gibt an den Haltestellen dann nicht zwei oder drei, sondern auch mal 30 verschiedene Buslinien.“
Autofahren als Luxusgut
Anders sieht das Thema Individualverkehr aus. „Wenn wir in Deutschland ein Auto kaufen, ist das Fahrzeug an sich die Hauptinvestition. Das ist hier aber nicht das größte Problem, denn in Singapur ist eine Neuzulassung lediglich dann möglich, wenn ein anderes Fahrzeug im Gegenzug abgemeldet oder exportiert wird,“ berichtet Julia. Zudem benötigt man gesonderte Lizenzen, die regelmäßig versteigert werden. „Die sind einerseits extrem teuer und andererseits nur für eine bestimmte Zeit gültig.“ Diese Lizenzen kosten umgerechnet bis zu 30.000 Euro und sind für höchstens zehn Jahre gültig. Zudem würden ältere Fahrzeuge schnell aus dem Verkehr gezogen, da man nachhaltige und moderne Autos auf den (teils auch kostenpflichtigen) Straßen haben wolle. Die Gründe für diese Maßnahmen sind vielfältig, im Mittelpunkt stehen jedoch die schlechten Luftwerte im asiatischen Raum sowie der stetige Bevölkerungsanstieg, durch den die Wege verstopft werden. Ob die Straßen trotz umfangreichem ÖPNV-Angebot zu voll sind? Julia zieht den direkten Vergleich: „Also, die A40 im Ruhrgebiet zur Rush Hour ist deutlich schlimmer als Singapur zur selben Zeit.“
Ein Vergleich zu NRW
…lässt sich nur schwer ziehen – und doch können wir uns von einigen Maßnahmen effektiv Aspekte abschauen. Zwar ist die Förderungssumme zum ÖPNV-Ausbau für die Planer*innen in NRW utopisch, jedoch zieht NRW im Bereich Digitalisierung nach. Durch eezy.nrw, den landesweiten eTarif, wird unser Fahrtantritt vereinfacht, was die Prozesse des Ticketkaufs beschleunigt.